Manchmal denke ich, das es eine dumme Idee ist.

Aber ab und zu möchte ich einfach mal neu anfangen.
Die Konstanten in meinem Leben – die ich liebe – behalten und alles andere loslassen. Die alten Bücher, Fotos, Zeugnisse, all dass, was vorbei ist, einfach verbrennen und weggeben. Meine Schränk und mein Hirn durchlüften. Alle Apps, Mails, Unterlagen  löschen um als Neugeborenes aufzuwachen.
All die Gedanken, Kleider und Unterlagen – das ganze Zeug … anzünden und sehen, was passiert. Die schönsten, liebgewonnen Beziehungen und Dinge behalten und wie Noah auf die Arche bringen. Mehr Zeit mit den Lieben und dem Lieb gewonnenen und nicht mehr an jeder Ecke stehen bleiben und sehen was die anderen machen.

Jedes Ding an mein Herz halten und spüren, ob es noch wichtig ist. Die Dinge die ich Liebe, behalten und den Rest vergessen.

Manchmal denke ich dann, das es eine dumme Idee ist.

Wie kann man Dinge eigentlich lieben und weshalb können wir sie nicht loslassen?

a) Die Bücher die jeden Umzug mitmachen (unter anderem alle Bücher von „Dune, der Wüstenplanet“ und John Steinbeck.
b) Die Hose, die mir längst zu weit ist.
c) Der Bürostuhl, der ständig an Höhe verliert.
d) Die hunderte Stifte, mit denen ich Großraumbüros ausstatten könnte.
e) Die Kabel und Ladegeräte von Gadgets deren Namen ich nicht mal mehr kenne.
f) Alle Brand Eins Zeitschriften der letzten 6 Jahre
g) Ordner von Seminaren über Kunststofftechnolgie oder „das richtige Verkaufen“.
h) Mein Bundeswehr-Dienstzeugnis.
i) Drei Drahtlose Lautsprecher von Aldi.
j) Meinen VW Käfer den ich eh nicht mehr zum laufen bringe.
k) Meinen Schreibtisch, der „das Zeug“ das am Abend auf Ihm liegt, magisch anzieht.
l) Die teuren Ledertaschen, die ich zwei mal im Jahr für einen Termin benötige.
m) die Schlangenlederschuhe, die ich nur behalte, weil Sie teuer waren und ich den passenden Gürtel dazu besitze.

Je mehr Sachen ich loslasse, desto stärker bekomme ich das Gefühl, das es nicht nur die Dinge sind, die ich loslassen muss. Ärger, Sorgen, Hass, Hektik, Unruhe, Besserwisserei … alles Gefühle, die mir nicht gut tun.

Fünf Kategorien
von denen weniger mehr ist

  • Menschen: Ich kann nicht jeden lieben und ich werde es nicht schaffen, das mich jeder liebt. Ich kann es nicht jedem Recht machen und möchte es auch nicht mehr. Eine Handvoll Menschen möchte ich so lange es geht um mich haben. Für diese Menschen möchte ich alles tun und alles sein. Den ganzen Rest verfolge ich mit Neugier um von Moment zu Moment entscheiden.
  • Dinge: Die, die wir anfassen können oder auch nicht. All die Sachen, die wir gekauft, geschenkt bekommen, oder die irgendwie sonst in unser Leben gekommen sind. Die 99ct Apps, die wir noch nicht einmal ausprobiert haben. Die Millionen Songs auf Spotify, die wir noch nicht gehört und die Videos, die wir noch nicht gesehen haben. Das Geld, das wir jeden Tag sparen und das schlechte Gewissen wenn wir es nicht sparen weil wir doch wieder außer Haus essen.
  • Gefühle/Gedanken: Schlechte Erinnerungen, Ängste und Sorgen. Was sollen und werden die Anderen von mir denken.
  • Taten: Die Pausen sind es, die mir Kraft geben. Die Zeiten in denen ich nachdenke oder einfach nichts tue. Die Zeiten zwischen „der Arbeit“ in denen wir entscheiden was überhaupt zu tun ist. Meine Pausen machen mich jünger. Sie machen mich kreativer und bringen mich auf neue Ideen. Ich lese mehr, lerne mehr und sehe immer weniger als „Arbeit“ an.   Es hat mich über 40 Jahre gekostet, das ich es bin, der entscheidet was „Arbeit“ für mich ist.
  • Essen: Eigentlich auch nur eine Tat, für mich aber so wichtig, das ich eine eigene Kategorie dafür habe. Das ganze verarbeitete Zeug, das ich mir den Tag über hineinstopfe bringt mir nichts. Ich weiß, das es mir nicht gut tut und mein Körper sagt es mir jeden Tag. Durchfälle, Blähungen, Koliken und schlechte Laune. Manchmal werde ich morgens wach und bin im wahrsten Sinne „Sauer“. Meine Frau schickt mich dann gleich weg mit dem Auftrag meine Laune zu verbessern.

 

Drei Dinge die mir Sorgen machen

– Sorgen über das Geld
– die Angst das meinen Lieben oder mir etwas passieren kann
– Was andere über mich denken oder mich sogar hassen

Was bringen mir diese Sorgen? Jedes Auto das an unserem Haus vorbei rast, verfluche ich und hoffe das die Kinder schon im Schulbus sitzen. Jeder nicht erhaltene Auftrag entwickelt sich zur Tragödie, nur um kurz durch drei gewonnene Mandate unterbrochen zu werden. Die nächste Schreckensmeldung in Form einer Zahlungsunfähigkeit eines Kunden kommt bestimmt. Was bringt mir diese Angst? Hat mir das „Sorgen machen“ jemals ein Problem gelöst?

Manchmal stelle ich mir die Frage: „Würde ich auch mit 2 Stunden Arbeit pro Tag auskommen?“ Was, wenn ich gesundheitlich zu gar nicht mehr in der Lage wäre? Die meisten Menschen, die in Ihrem Fach die besten der Welt sind, tranieren nicht mehr als 2-3 Stunden intensiv pro Tag. Katzen jagen auch nicht den ganzen Tag. Meistens liegen Sie herum und strecken Ihren Bauch in die Sonne. So sehr ich Katzen „hasse“ – ich bewundere Sie.

Die tausenden Stunden Schule, Ausbildung, Studium, Fortbildung, Training … Ich nutze nichts davon. Naja, manches vielleicht.

„Die Erde ist eine Scheibe!“ ok, und???
„Dieses Kunstwerk hat XY geschaffen“ Mir egal
„die Quadratwurzel aus 367 ist …“ Wen interessiert‘s?
„Wann wurde Alexander der große geboren?“…

Wenn ich grob überschlagen kann, ob mein Bäcker mich nicht übers Ohr haut, reicht mir das.

Warum lese ich trotzdem so viel? Weshalb versuche ich, die Zeitlücken die ich noch habe mit noch mehr Informationen und Wissen aufzufüllen?

 

Thimo Müller – September 2017

6 Antworten auf „Manchmal denke ich, das es eine dumme Idee ist.“

  1. Neu anfangen muss nicht unbedingt eine dumme Idee sein. Den Beitrag habe ich aufgerufen, weil eine Assoziation kam. Hannah Arendt sprach über das neu anfangen als eine der grundlegenden Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen. Sie hatte selbst mehrmals neu angefangen. Die Tradition des Philosophierens hatte die Sterblichkeit des Menschen bedacht, und im neu anfangen sah sie die „Gebürtigkeit“ des Menschen.

    1. vielen Dank für deine Gedanken. Wir alle haben auch ein „Wiedergeburtsrecht“. Mit allen Verantwortungen die das mit sich bringt. Angst und die Erwartungen „der anderen“ spielen dabei m.A. nach eine große Rolle.

  2. Über bestimmte Dinge erinnern wir uns wieder an früher Erlebtes. Im Alter ist das wie ein „Kopfkino“ und man ist oft überrascht, welch scheinbar unwichtige Dinge an Menschen, Gedanken, Träume, Reisen usw. erinnern.
    Ich habe jetzt damit begonnen, zum Jahresende hin meine „Schätze“ zu lichten, Dinge zu verschenken oder verkaufen, andere ins Internet zu stellen als „Mein Platz“ sozusagen. Fotos, Tagebücher und Aufzeichnungen, aus alten Teilen auch Collagen zaubern und noch mal zum Erinnern sammeln.
    Neu anfangen ist gut, doch Altes bleibt in Gedanken in uns, ob wir es wollen oder nicht, so soll es wohl sein.

    1. vielen Dank dafür. Ich versuche für alles neue, was irgendwie „in mein Leben kommt“ etwas anderes loszulassen. Das klappt nicht immer, hilft aber ungemein. Trotzdem habe ich noch zu viel „Zeug“ das ich besitze und eben nie mehr nutze.

  3. Bis auf den Punkt, mit den Katzen hassen, stimme ich bei den meisten anderen Dingen zu- neu anfangen, aber dennoch vieles dann doch nicht loslassen können- nun, verbrennen wollte ich zwar noch nichts, aber dennoch einiges entsorgen- so, jetzt aber..und dann ist es soweit und von den geplanten 100 Teilen, werden es dann doch so 5 oder 6..^^- ach ja, der Punkt, was andere über mich denken…ist mir so was von egal… 😉 – danke für diesen Beitrag- Lg

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