“Bereite dich bitte auf deine Kündigung vor” …
war einer der Gedanken, die ich einem Coachee mitgegeben habe. Seit vielen Monaten trägt er sich mit dem Gedanken zu kündigen. Tut es aber aus verschiedenen Gründen nicht.
“Ich habe das Gefühl, das ich kündigen sollte. Irgendwie weiß ich aber nicht wie. … und überhaupt, wie soll es danach weitergehen? Der Job ist doch eigentlich ganz ok, und wer weiß wie es anderswo ist … ich habe eben auch meine Verpflichtungen …”
Ich habe ihn gebeten, sich einmal gedanklich in zwei Situationen zu begeben:
– Eine, in der ihm gekündigt wird.
– Eine weitere in der er selbst kündigt.
Ziel war es, ein gedankliches Szenario zu entwickeln, in dem er sich in diese Situationen versetzt und diese wirklich erlebt. Seine Gedanken und Gefühle sollte er im Anschluss verschriftlichen.
– Wie wird ihm gekündigt bzw. kündigt er?
– Wie reagiert er bzw. verhält er sich in diesem Moment?
– Wie fühlt er sich dabei?
– Mit wem spricht er?
– Was sagt er in diesem Moment?
– Was denkt er?
– …
Die Kündigung wirklich erleben. Die eigenen Reaktionen, die seines Umfeldes. Wie erleben die Kollegen, Freunde und die Familie seine Kündigung. Wie erlebt er die Zeit unmittelbar danach? Wie räumt er seinen Schreibtisch auf und verlässt das letzte Mal das Unternehmen. Wie fühlt er sich auf dem Nachhauseweg im Auto? Wie erzählt er es seiner Partnerin?
“Ich war überrascht, wie ich mich dabei gefühlt habe. Beide Situationen waren extrem intensiv … ich hätte nicht gedacht das ich teilweise so reagiere”
Jeder geht anders mit solchen Erlebnissen um. Manchmal fallen uns während dieser Gedankenreise Dinge auf, die wir für unwichtig gehalten oder an die wir gar nicht gedacht haben. Dinge, die aber enorm wichtig für uns sein können. Wir spüren und fühlen, wie wir reagieren und uns verhalten. Das schöne daran … wir können es wieder und wieder erleben. Wir können bestimmte Situationen verändern und sehen was mit uns passiert. Spucken wir dem Chef unsere Wut ins Gesicht oder legen ihm einfach in aller Ruhe die kalte Kündigung auf den Schreibtisch? Verabschieden wir uns unter Tränen von unseren Kollegen oder verlassen geräusch- und gesichtslos das Büro? Wie fühlen wir uns am nächsten Morgen? Verspüren wir Angst und Ohnmacht oder Kribbeln und Tatendrang? Was tun wir in den kommenden Tagen? Gehen wir gleich auf die Suche nach etwas Neuem? Haben wir andere Ideen, die wir verwirklichen wollen?
Solche Phantasiereisen können in den unterschiedlichsten Situationen hilfreich sein (Job, Gesundheit, Kindererziehung, Wünsche, Streit, Ziele, ihr perfekter Tag …). Sie können die Übung auch ausdehnen auf eine Woche, einen Monat ein Jahr. Folgen Sie Ihren Gefühlen und spontanen Gedanken.
„Phantasie ist wichtiger als Wissen. Wissen ist begrenzt, Phantasie aber umfasst die ganze Welt.“ Albert Einstein
Hier noch die 5 do’s & dont’s, die Sie bei ihrer Gedankenreise beachten sollten:
1. Seien Sie still: Behalten Sie ihre Pläne für sich. Erzählen Sie es niemandem. Erst wenn Sie selbst sicher sind und zufrieden mit einem gedanklichen Szenario, ist es an der Zeit das Sie das Gedachte mit jemandem teilen. **”Alle anderen wissen alles andere besser”** und jeder hat seine Meinung.
2. Seien Sie laut: Denken Sie bewusst auch mal in Extremen. Drehen Sie ihr Kopfkino auf. Denken Sie in Farben und Gefühlen. Riechen Sie, schmecken Sie. Frieren Sie, schwitzen Sie. Feiern, tanzen und schreien Sie. Weinen, flüstern und zittern Sie.
3. Schreiben Sie … ihre Gedanken auf. Halten Sie sie fest. Ohne Beschränkungen. Es muss ja niemand lesen.
4. Wiederholen Sie … die Reise. Sie können das Level jederzeit von vorne beginnen. Es ist ihr Spiel. Speichern Sie es ab wenn Sie möchten. Entwerfen Sie unterschiedliche Handlungsstränge. Sie haben hier “unendliche Leben”
5. Hören Sie auf: Setzen Sie sich einen Zeitrahmen. Legen Sie fest wann Sie aufhören wollen und verlieren Sie sich nicht in ihrer Phantasiewelt.
6. Bonus 1: Halten Sie … sich ihr “Thema der Reise” vor Augen. Verzetteln Sie sich nicht, sondern denken an das Ziel. Was soll Ihnen diese Reise bringen? Bei welcher Entscheidung soll sie Ihnen helfen?
7. Bonus 2: Lernen Sie … Was hat Ihnen die Reise gebracht. Wozu sind ihre Gedanken gut? Wozu vielleicht noch? Wenn Sie denken “das hat mir jetzt gar nichts gebracht” werden Sie genauso Recht behalten wie bei dem Gedanken “interessant, mal sehen wo ich diese Einsicht noch gebrauchen kann”.
8. Bonus 3: Bescheißen Sie: “fake it, till you make it”. Es ist ihre Phantasie. Sie können machen was Sie wollen und werden wer Sie wollen.
Meine erste bewusste Gedankenreise habe ich vor meiner ersten Selbstständigkeit vor 12 Jahren gemacht. Meine letzte, bevor wir uns einen Hund angeschafft haben. Was soll ich sagen? Die Realität hat immer noch ein, zwei Überraschungen für uns übrig. Das schöne daran ist … wir wissen nie wie es gelaufen wäre, wenn wir uns anders entschieden hätten.
Gute Reise!