Es wird uns erst bewusst, wenn wir krank oder im Urlaub sind, ohne Zugriff auf Handy und Mail. Irgendwie läuft der Laden trotzdem. Die eigene Unersetzbarkeit, die wir uns vorgaukeln, löst sich auf vor der Angst, dass wir doch nicht die einzig besten sind. Viele bemerken das erst mit der Rente. Gestandene Frauen und Männer sitzen Wochen nach der Pensionierung da und starren auf das Telefon. Sie fragen sich, wann der Anruf endlich kommt. Wann melden sie sich, um den Retter um Hilfe zu bitten. Es muss doch alles drunter und drüber laufen.
„Auf dich kommt es an“, “Du bist unersetzbar“, „ohne dich, geht hier alles drunter und drüber“
Die Worte schmeicheln uns. Wir wollen wichtig sein und uns gebraucht fühlen. Bedeutsamkeit ist eines der wichtigsten menschlichen Bedürfnisse. Gerade die, die immer betonen, sie wollten gar nicht im Vordergrund stehen.
Auf dich kommt es eben nicht an – sondern auf die Arbeit, die du erledigst.
Leider sind wir nicht so wichtig, wie wir uns fühlen. Irgendwie läuft doch alles weiter, auch ohne uns. Oft führt das eigene Wichtigkeitsempfinden sogar dazu, dass man sich unter Wert verkauft. Wir geben alles für das Unternehmen. Sind ständig erreichbar und arbeiten sogar am Wochenende. Wir gehen in Vorleistungen in der Hoffnung, dass „man“ sich erkenntlich zeigt. Wir erwarten Anerkennung, Lob, Geld und Karriere und sind enttäuscht, wenn nichts davon eintritt. Es werden eher noch Leute entlassen.
Die Welt dreht sich weiter, als wäre nichts gewesen!
Wir antworten darauf mit Verbitterung und Zynismus. Unser Körper mit Krankheit und Depression. Mancher holt sich still zurück, was das Unternehmen ihm doch schuldig ist. Eine Gefahr für den Menschen und das Unternehmen.
Machen wir uns klar:
Wer unsere Arbeit erledigt, ist scheiß egal. Es sind die Tätigkeiten, die Verantwortungen und Ergebnisse, die zählen. Wir Menschen sind ersetzbar. Das gefällt uns nicht. Das verdrängen wir. „Bei mir ist das anders. Wer sollte denn meine Arbeit erledigen? Die ganze Verantwortung, die Entscheidungen usw.“
Der Wunsch und der Glaube an die eigene, einzigartige Unersetzbarkeit bringt uns Unglück, Unzufriedenheit und Krankheit.
Die erträumte Unersetzbarkeit birgt Unglück und Krankheit
Wir müssen aufhören, selbst die langweiligsten und stupidesten Jobs als Herausforderung anzupreisen. Stehen wir dazu, dass es langweilige Jobs gibt, mit wenig Chancen auf Karriere. Jobs ohne Verantwortung, bei denen wir jeden Tag das Gleiche tun müssen. In denen wir Zeit gegen Geld tauschen.
- Es ist OK, einen langweiligen Job zu machen.
- Es ist OK, anderswo als im Job deine Erfüllung zu finden.
- Es ist OK, austauschbar zu sein.
- Es ist OK, wenn andere besser sind.
- Es ist OK, im jetzt zu leben und es zu genießen.
Genauso müssen wir aufhören, stetig nach Erfüllung zu suchen. In der heutigen Zeit wird von uns erwartet, dass wir „den“ erfüllenden Job machen oder ihn solange suchen, bis wir ihn gefunden haben. Das alleine macht schon unzufrieden. Wir sind immer auf der Suche. Wir leben in der Zukunft.
„Das kann doch nicht alles sein?“ „Da muss doch noch etwas kommen“.
Wir kommen nie an, weil wir nicht wissen was wir wollen.
Wir sind so beschäftigt mit der Suche nach Zufriedenheit und Glück, dass wir gar nicht wahrnehmen, was um uns herum passiert. Wir geben dem Leben gar keine Chance, uns glücklich zu machen. Wir haben verlernt, im Hier und Jetzt zu leben und den IST-Zustand zu genießen.
Lassen Sie uns etwas gelassener mit uns und unserer Arbeit umgehen. Uns weniger wichtig nehmen. Als Ergebnis bekommen wir als auch unsere Unternehmen gesündere und glücklichere Menschen.
Schönen Wochenenfang
- Dieser Atemzug kann dein letzter sein.
- Die nächste Person die du triffst, kann die letzte sein.
- Deinen Kindern ist es egal, weshalb du schlecht gelaunt bist und welchen Stress du gerade hast.
- Der richtige Tag kommt nie. Die eine Hälfte unseres Lebens sind wir für die Dinge zu jung, die andere Hälfte unseres Lebens sind wir für die Dinge zu alt.
Sehr guter Text
Vielen Dank Lars.